Sonntag, 1. September 2013

Gespräche mit Gott


Ramadan ist vorübergezogen, ohne dass ich wirklich etwas davon gehabt hätte... Ein Kind ist einfach eine verdammt zeitraubende Angelegenheit. Aber nein, das stimmt so nicht. Ich habe mir zumindest sehr viele Gedanken gemacht und einige neue Erkenntnisse hinzugewonnen. Diese schlummerten jetzt einige Wochen vor sich hin, ohne wirklich etwas auszurichten...

Nun habe ich mich dieses Wochenende mit meinem Mann über eine eigentlich völlig banale Sache so sehr gestritten, dass wir uns ernstlich fragen, wie es mit uns weitergeht. Verrückte Welt. Noch verrückter oder vielleicht einfach ganz normal (?) ist es, dass ich heute bereits den ganzen Tag ein ganz komische Gefühl habe. Wirklich beschreiben kann ich es nicht, aber schlecht fühlt es sich schonmal nicht an. Es ist irgendwie beruhigend, warm, freundlich,... Vielleicht ist das meine Erleuchtung...? Die Erkenntnis, dass Gott tatsächlich da ist?

Bisher habe das ja immer nur vermutet, aber das tiefe Gefühl der Gewissheit während der Gebete vermisst. Es war immer, als wüsste mein Kopf, dass da jemand sein muss und dass der Islam das richtige Konzept ist, aber mein Herz war irgendwie leer. Ich war mir immer sicher, dass da jemand über mich wacht und doch fühlte es sich an, als wäre mein Herz nicht frei. Ich hatte auch immer das Gefühl, als gäbe es irgendetwas in mir drin, was ich nicht im Griff habe, was mir schadet und mir das Leben schwer macht. Ich will nicht sagen, dass vielleicht Shaytan mein Herz in seiner Gewalt hatte, aber dennoch war es immer so, als würde ein dunkler, schwerer Schleier über mir liegen, der mich zwar sehen liess aber bewegungsunfähig machte. Heute scheint es mir, als wäre dieser Schleier fort...weggeweht von einer warmen Brise.

Bis auf Asr (das habe ich zwischen Windeln, Kochen, Stillen, hungrigen Katzen und müdem Kind einfach nicht geschafft) habe ich heute ohne Schwierigkeiten meine Gebete verrichtet. Ich fühle mich seltsam leicht und zuversichtlich. Der Gedanke, das Vergangene, an dem ich mich so sehr festgeklammert habe, zurück- und loszulassen, ist nicht länger bedrohlich sondern vielmehr befreiend und vielversprechend...

Was ist da geschehen? Waren meine Verzweiflung und meine Aufrichtigkeit gross genug, mit der ich Gott um Hilfe anflehte? Gestern Abend noch, fürchtete ich, unterzugehen... erdrückt zu werden von all dem... jetzt kann ich klar sehen. Ich war ganz ruhig, als wir unterwegs gesprochen haben. Die schlechten Gedanken hatten keine Chance, ich war nicht aufgeregt, alles, was ich sagte und hörte kam mit einer erstaunlichen Klarheit.

Ich wünsche mir so sehr, dass ich endlich den Mut habe, den Weg zu beschreiten, den das Leben mir bereitet. Ich will nicht länger voller schlechter Gedanken und Gefühle, voll falscher Zurückhaltung, Lüge und Traurigkeit sein. Ich wünsche mir, dass Shaytan oder was auch immer da in mir drin war, ab heute keine Chance mehr hat. In diesem Sinne werde ich jetzt insha allah gemeinsam mit meinem Mann das letzte Gebet des Tages verrichten, Gott danken und dann ins Bett zu unserem kleinen Sonnenschein schlüpfen und mich an ihn kuscheln.